Windenergie: Potenzialflächen und Vorranggebiete in Sulzbach-Rosenberg

Im Gegensatz zu anderen Gemeinden im Landkreis Amberg-Sulzbach stehen im Gemeindegebiet von Sulzbach-Rosenberg (noch) keine Windkraftanlagen. Neue gesetzliche Rahmenbedingungen machen es notwendig, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und entsprechend zu agieren. Dazu möchten wir hier die wesentlichen Informationen zusammen stellen.

Gesetzliche Vorgaben

Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023

Bis 2030 sollen 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, um im Jahr 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. In 2022 lag der Anteil bei ca. 50 %, wovon neben Biomasse und Wasserkraft ca. 24 % auf Solar- und ca. 52 % auf Windenergie entfielen.
In den letzten Jahren stockte der Ausbau der Windkraft aus mehreren Gründen: Wegen dem Fehlen planerisch ausgewiesener Flächen für den Windenergieausbau an Land, aufgrund mit 5 – 10 Jahren sehr langwierigen Genehmigungsverfahren, in Bayern zusätzlich durch die seit 2014 bestehende und erst seit November 2022 gelockerte 10H Regelung.


Das Wind-an-Land Gesetz

Bis 2027 müssen die Länder 1,4 % der Bundesfläche für die Windenergie ausweisen, 2 % bis 2032. Das windreichere Norddeutschland muss bis 2032 auf 2,2 % kommen, das windärmere Bayern darf etwas darunter bleiben (1,1 % bis 2027, 1,8 % bis 2032).
Die Bundesländer dürfen über Mindestabstände nur unter der Vorgabe entscheiden, dass sie ihre Flächenziele erreichen. Bei Nicht-Erreichen der Flächenziele treten landesspezifische Abstandsregeln außer Kraft, womit Windenergie im Außenbereich unter Einhaltung immissions- und naturschutzrechtlicher Belange grundsätzlich überall privilegiert wäre.
Bis zum 31.05.2024 müssen die Länder entweder eigene Planaufstellungsbeschlüsse zur Ausweisung von Flächen zum Erreichen der Flächenziele, oder das Inkrafttreten entsprechender Landesgesetze oder Raumordnungspläne nachweisen. Die Länder haben die Möglichkeit, sich ihre Flächenziele untereinander teilweise zu überschreiben (max. ±50 % ändern, die der Stadtstaaten um max. ±75 %).

Windenergie weltweit, in Europa und in Deutschland

Installierte Leistung

Installierte Windkraftleistung weltweit, europaweit und in Deutschland nach Bundesländern
Strommix in Deutschland, Entwicklung seit 2010

Vorgehen in Bayern

18 Bayerische Regionalen Planungsregionen

Für die 18 Bayerischen Regionalen Planungsregionen und entwickeln und koordinieren die jeweiligen Planungsverbände Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für u. a. Windkraftanlagen:

Bayerischer Untermain, Würzburg, Main-Rhön, Oberfranken-West, Oberfranken-Ost, Oberpfalz-Nord, Region Nürnberg, West-Mittelfranken, Augsburg, Ingolstadt, Regensburg, Donau-Wald, Landshut, München, Donau-Iller, Allgäu, Oberland, Südostoberbayern

Die Flächenquote für Windenergie muss nach Vorgabe der bayerischen Staatsregierung in jeder der 18 Planungsregionen für sich erfüllt werden. Sulzbach-Rosenberg gehört zur Planungsregion Oberpfalz-Nord.

Planungsverband Oberpfalz-Nord

  • Städte Amberg und Weiden, Landkreise Amberg-Sulzbach, Neustadt a.d. Waldnaab, Schwandorf und Tirschenreuth
  • Verbandsvorsitzender: Andreas Meier, Landrat des Landkreises Neustadt a. d. Waldnaab
  • Verbandsversammlung; Alle Städte und Gemeinden sowie die 4 Landkreise im Verbandsgebiet mit je einem Verbandsrat vertreten
  • Planungsausschuss; Verbandsvorsitzender und 27 Vertreter der Gemeinden, kreisfreien Städte und Landkreise
  • Landkreis AS vertreten durch LR Richard Reisinger, KR Brigitte Bachmann, KR Joachim Neuß

Mögliche Vorrangflächen für Windenergie in Sulzbach-Rosenberg

Windpotenzial: Mittlere Windgeschwindigkeit in z. B. 140 m Höhe (Nabenhöhe)

Die von einem Windrad erzeugte elektrische Leistung wächst mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit, bei kleinen Windgeschwindigkeiten noch steiler: Eine Halbierung der Windgeschwindigkeit verringert die Leistung um einen Faktor von ca. 10. Windkraftanlagen machen im Gemeindegebiet demnach nur auf wenigen exponierten Standorten vornehmlich auf Hügelkuppen Sinn.

Weitere Faktoren

  • Nächst gelegener möglicher Einspeisepunkt (beim Netzbetreiber anzufragen)
  • Immissions- und artenschutzrechtliche Belange

Photovoltaik und Windenergie

Ein paar Zahlen

  • Eine 3,5 MW Windkraftanlage an gutem Standort in Bayern erzeugt pro Jahr ca. 7000 MWh elektrischer Energie, etwa so viel wie eine 6 – 8 ha große PV-Freiflächenanlage
  • In 2022 lag der bundesweit durchschnittliche Stromverbrauch (privat + gewerblich) bei ca. 6.000 kWh / Einwohner. Die Gemeinde Sulzbach-Rosenberg könnte „ihren“ Verbrauch entweder mit ca. 120 ha PV-Freiflächenanlagen (ca. 2/3 der in der Potenzialflächenanalyse ausgewiesenen Fläche) oder ca. 16 Windkraftanlagen á 3,5 MW decken, sinnigerweise mit einem Mix aus beidem:

PV + Windenergie

Tendenziell bilden Solar- und Windenergie in Kombination die jahres- und tageszeitliche Bedarfskurve überraschend gut ab: Gering ausgeprägte tageszeitliche Verbrauchsschwankungen im Winterhalbjahr werden vom dort oft stetig und stärker wehenden Wind gedeckt, stärkere tageszeitliche Verbrauchsschwankungen im Sommer vom konformen Solarangebot. Mit einer Verdopplung der installierten Leistung von Wind- und Solarenergie ließe sich in den beiden beispielhaft gezeigten Wochen der Bedarf konventioneller Grundlast-Stromerzeugung auf einen Bruchteil des Ist-Zustands verringern.

Typischer Strom-Mix in Deutschland im Juni 2022 (oben: sonnig, aber windarm) und Februar 2023 (unten: windige, aber trübe Wetterlage) (Quelle: Agora Energiewende)

Wirtschaftliche Beteiligungsformen für Kommune und Bürger

Mit dem richtigen Konzept lassen sich sowohl die Kommune Sulzbach-Rosenberg als auch ihre Bürgerinnen und Bürger wirtschaftlich am Profit von Windkraftanlagen auf ihrem Gemeindegebiet beteiligen:

Eigenverbrauch

Zur Verringerung der eigenen Energiekosten über Eigenverbrauch nutzen lässt sich Strom aus Windkraftanlagen grundsätzlich nur, wenn Anlage und Verbraucher über eine eigene Stromleitung miteinander verbunden sind, wie es für im Gemeindegebiet geeignete Standorte kaum verwirklicht werden kann. Einnahmen aus Wind- und Solarparks werden daher üblicherweise über eine Einspeisung in das Stromnetz und Vermarktung an der Strombörse erwirtschaftet.

Nachrangdarlehen

Oft bieten Investoren von Solar- oder Windparks den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde, auf dessen Gebiet die Anlage steht, eine Beteiligung über sog. Nachrangdarlehen an. Das sind zur Mitfinanzierung der Anlage bestimmte, festverzinsliche Darlehen mit fester Laufzeit. Eine „echte“ unternehmerische Beteiligung im Sinne von Eigentum oder Mitbestimmungsrechten kommt dadurch ebenso wenig zustande wie eine Erfolgsbeteiligung – abgesehen von einem möglichen Ausfallrisiko bei Insolvenz des Investors, was durch einen etwas höheren Zinssatz beim Darlehen berücksichtigt wird.

Da gewöhnlich nur ein relativ geringer Anteil der Investitionssumme über diese Nachrangdarlehen finanziert wird, dürfte diese Art der „Bürgerbeteiligung“ in den meisten Fällen vorwiegend dem Zweck dienen, die Akzeptanz der Errichtung von Solar- oder Windparks bei der ansässigen Bevölkerung bzw. der Gemeinde zu verbessern. Nach Ende der Laufzeit der Nachrangdarlehen endet auch die Bürgerbeteiligung.

GmbH & Co. KG

Über die Unternehmensform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft lässt sich eine „echte“ Beteiligung („Kommanditbeteiligung“) umsetzen, an der nicht nur Bürgerinnen und Bürger, sondern auch Stadt und Stadtwerke gehören können. Diese treten als ins Handelsregister eingetragene, stimmberechtigte Gesellschafter auf welche über Ausschüttungen am tatsächlichen Erfolg (oder Misserfolg!) des Unternehmens teilhaben.

Sowohl für die Gesellschaft als auch die beteiligten Kommanditisten ist Gründung und Verwaltung einer solchen Gesellschaft relativ aufwändig. Dafür bleiben alle Gesellschafter dauerhaft Teil des Unternehmens und seines Erfolgs.

Beispiele:

  • Bürgerwind Edelsfeld GmbH & Co. KG mit 128 Personen als Kommanditisten (ca. 2,5 Mio. € Kommanditeinlagen), 5,7 Mio. € Fremdkapital
  • Solarpark Karlsruhe mit 178 Kommanditisten (Anteile: 60 % bei Privatpersonen, 26 % bei der Stadt Karlsruhe, 14 % bei den Stadtwerken)

Energiegenossenschaften

Privatpersonen, Kommunen oder Unternehmen können mit ihrem Kapitaleinsatz (Genossenschaftsanteilen) dauerhaft Teil einer Genossenschaft werden, deren Ziel es z. B. ist, den Ausbau der Erneuerbaren Energien in der Region voran zu treiben (gesetzlich vorgeschriebener Förderauftrag). Im Gegensatz zu einer GmbH ist das Stimmrecht ihrer Mitglieder unabhängig von der Höhe des Kapitaleinsatzes. Eine Gewinnbeteiligung der Mitglieder erfolgt über eine jährliche Ausschüttung von Dividenden. Genossenschaftsanteile können mit fest verzinsten Nachrangdarlehen kombiniert werden.

Energiegenossenschaften bündeln meist zahlreiche und unterschiedliche Anlagen (Solarparks, Windkraftanlagen, Biomasse-BHKW) die entweder von der Genossenschaft betrieben werden oder an denen die Genossenschaft beteiligt ist.

Beispiele:

  • Solar-Bürger-Genossenschaft Freiburg eG: 260 Mitglieder mit 5082 Anteilen à 100 Euro; Betrieb von 16 PV-Ablagen und 1 BHKW, Beteiligung an mehreren Windparks (Stand 2021)
  • Heidelberger Energiegenossenschaft eG: Gemeinschaft aus > 1000 Bürgern, betreibt > 30 Bürgersolaranlagen, Beteiligung an mehreren Windrädern

Gewerbesteuer

Sonderregelung in § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG (Gewerbesteuergesetz): Als Anreiz für Gemeinden, auf ihrem Gebiet Standorte für Windenergieanlagen auszuweisen bzw. zu genehmigen, hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung zur Zerlegung der Gewerbesteuer geschaffen. Werden Betriebsstätten eines Unternehmens in mehreren Gemeinden unterhalten, ist der Gewerbesteuermessbetrag im Regelfall nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne zu zerlegen. Bei Windenergieanlagen würde dies jedoch bedeuten, dass der gesamte Gewerbesteuermessbetrag den Betreibergemeinden am Sitz der Geschäftsleitung zuzuweisen wäre, weil an den Standortgemeinden regelmäßig keine Arbeitskräfte beschäftigt werden. Die Sonderregelung in § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG sieht demgegenüber eine erhebliche Beteiligung der Standortgemeinden vor. Danach erfolgt eine Zerlegung des Messbetrags zu drei Zehnteln nach Arbeitslöhnen und zu sieben Zehnteln nach dem Verhältnis des Sachanlagevermögens ohne Betriebs- und Geschäftsausstattung. Damit werden die Standortgemeinden der Windenergieanlagen in angemessener Weise am Gewerbesteueraufkommen der Windenergieunternehmen beteiligt.

Christian Koch, 27. Februar 2023