Vortrag zur Person Hans Watzliks in der Bürgerversammlung am 4. November 2021

„Wir wissen, wem wir unsere Freiheit zu danken haben. Wir wollen darum immer in Treue zu ihm gehören, unserem Befreier, dem größten Staatsmann der Deutschen, dem größten deutschen Willensmenschen […] einzigartig, einmalig in der Geschichte der Völker: Adolf Hitler!“

Hans Watzlik: Rede über Adalbert Stifter; Sudetendeutsche Reden und Aufrufe, 1940, S. 70f

Vorbemerkung:

Die Diskussion um die Hans-Watzlik-Straße hat einen Schriftsteller zum Thema. Er gilt als „Heimatschriftsteller“, zu Recht, aber mit dem Heimatbegriff der Nationalsozialisten, die diesen Begriff stets als ausgrenzend und übersteigert nationalistisch verstanden haben bis hin zu der Idee, alle „außen Stehenden“ zu vertreiben oder zu ermorden.

Literaturwissenschaftliche Betrachtung

Watzlik war Erzähler, Lyriker, Romanautor, Dramatiker. So vielfältig sein Schaffen ist, was die Bandbreite der Gattungen angeht, so monoton arbeitet er thematisch: Nach der Lektüre vieler seiner Schriften zeigen sich folgende stets wiederkehrende Motive:

  • Nach den heldenhaften Opfern, die deutsche Soldaten im Ersten Weltkrieg blutig erbracht haben, muss daran gearbeitet werden, die Schmach der Niederlage (inkl. Versailler Vertrag) wieder glorreich wett zumachen.
  • Die tschechisch-böhmische Bevölkerung hat nichts anderes im Sinn, als die Deutschen zu vertreiben. Von daher muss der unausweichliche Kampf tapfer ausgefochten werden.
  • Die Identität des „Deutschtums“ gleicht einer Religion. Von daher kann ein „deutscher Gott“ für das eigene Volk reklamiert werden, die eigene deutsch-nationale Idee kann „Heiligkeit“ für sich beanspruchen, ihre Anliegen sind mehr als politisch, sie folgen einer Heilsidee und erhalten dadurch ihre unbestreitbare Legitimität.
  • Die nationale Idee ist keine Erfindung von Zeitgenossen, sondern ist tief im Volk verankert. Bereits die alten Erzählungen, Sagen und Mythen sprechen visionär von einem „Endkampf“, wenn die Zeit erfüllt sein wird. Deshalb geht es um die Realisierung schicksalhafter und determinierter Entscheidungsschlachten.
  • Der Unterschied zwischen barbarischen Tschechen und zivilisierten Hochkulturdeutschen setzt in einer konstruierten logischen Konsequenz alle ins Recht, die sich gegen Barbarei wehren und sich von ihr befreien wollen, also zum Kampf gegen die Tschechen aufrufen.
  • Beinahe zwangsläufig muss dann die Erfüllung aller Heilserwartungen und die Belohnung aller eigenen Aktivitäten im Gedicht zum 1. Dezember 1938 als in „Wort“ und „Lied“ nicht auszudrückender Jubelruf ausfallen. Dem Führer wird ein Persilschein ausgestellt, mit dem eigenen Leben nach Wunsch zu verfahren, und koste es das Leben:

O nimm uns Führer! Wir sind dein.“

Hans Watzlik: Gedicht „Sudentenland an den Führer“ (01.12.1938), Schlussteil. In: Heinz Kindermann (Hg.): Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938. Leipzig 1939, S. 372f.)

Wenn der Konsens hergestellt werden kann, dass Watzlik ein nationalsozialistischer Dichter gewesen ist, stellt sich die Frage, wie mit ihm als Namensgeber einer Straße umzugehen ist. Dass Sulzbach-Rosenberg bereits einmal einen ähnlichen Fehler korrigieren konnte, zeigt das Beispiel der „Museumsstraße“, die heute nach einer Entscheidung aus den 90er Jahren wieder „Synagogenstraße“ heißt.

Es ist oft davon die Rede, dass unsere Geschichte der Aufklärung und Toleranz eine Verpflichtung für die Gegenwart und die Zukunft darstellt. Watzlik vertrat alle diese Werte nicht, seine „Werte“ waren Intoleranz, Ausgrenzung, Hass, Vernichtungswillen. An die Wirkung auf unsere tschechischen Nachbarn ist zu erinnern.

Unsere Stadt ist Sitz und Tagungsort der Knorr-von-Rosenroth-Gesellschaft. Hierfür kommen alljährlich Wissenschaftler aus aller Welt (auch aus Israel) zu uns, um sich mit der Zeit und den Ideen des Gelehrten am Sulzbacher Musenhof zu beschäftigen. Wie passt das zusammen? Wie passen andere Straßennamen in unserer Stadt mit Watzlik zusammen:

  • Edith Stein, von den Nazis ermordet am 09. August 1942 in Auschwitz-Birkenau (eine vom Judentum zum Katholizismus konvertierte Nonne)
  • Dietrich Bonhoeffer, von den Nazis ermordet am 9. April 1945 in Flossenbürg

Zu meinem Antrag:

Die vom 1. Bürgermeister geplante Kommission soll besetzt werden mit Vertretern aus den Kulturwissenschaften, der Germanistik, der Geschichtswissenschaft und verwandten Fakultäten, um eine angemessene Diskussion führen zu können.

Erfahrungen mit der Umsetzung von Straßenumbennungen in anderen Kommunen sollen eingeholt werden (München und Nürnberg haben die Hans-Meiser-Straße umbenannt; Schweinfurt das „Willi-Sachs-Stadion“, Augsburg die „Langemarck-Straße“ usw.)

Ich würde mir wünschen, dass eine Umbenennung nicht an den Kosten für die Anwohnerinnen und Anwohnern scheitert, sondern dass seitens der Stadt Möglichkeiten geprüft werden, diesen entgegen zukommen, Auch dafür wären Erfahrungen aus den genannten Städten hilfreich.

Markus Brandl, 4. November 2021