Mit welchem Konzept können öffentliche Ladestationen in Su.-Ro. die E-Mobilität fördern?

Worum geht es uns?

Elektromobilität ist stark im Kommen: Mit bundesweit voraussichtlich knapp ¼ Mio. Elektroauto-Neuzulassungen in 2021 bis Ende Oktober, davon über 33.000 alleine im Monat September überflügeln Elektroauto-Neuzulassungen seit Mitte 2021 bereits Dieselfahrzeuge.

Um mit dieser Dynamik Schritt zu halten ist eine ausreichend gut ausgebaute Lade-Infrastruktur Voraussetzung.

Bei dem diesbezüglich grundsätzlich sehr löblichen Vorsatz von Gemeinden, die Elektromobilität zu fördern, geht es jedoch meist um eine reine Erhöhung der Anzahl öffentlicher Ladesäulen im Stadtgebiet mit dem Ergebnis, dass diese viel zu selten genutzt werden um wirtschaftlich zu sein.

Mit diesem Artikel möchten wir diskutieren, an welche Stellen welche Arten von Ladepunkten für welches Nutzerverhalten von Elektroautos tatsächlich Sinn machen, wie also mit einem bestimmten Budget Elektromobilität für Bürgerinnen und Bürger möglichst zielführend unterstützt werden kann. Diese Diskussion lebt von der Beteiligung all derer, welche entweder bereits ein E-Auto besitzen oder aber mit dessen Anschaffung planen, und aus ihrem individuellen Nutzungsverhalten Anforderungen an eine öffentliche Lade-Infrastruktur ableiten können.

Sinnvolle Ladekonzepte für unterschiedliche Zielgruppen

Die einfachsten, günstigsten und alleine in unserem Stadtgebiet zu Hunderttausenden vorhandenen Lademöglichkeiten sind ganz normale Steckdosen, die sich mit sehr geringem Aufwand installieren lassen. Mit passendem Adapter lassen sich damit bei ca. 2 – 3 kW Leistung ca. 10 – 15 km/Stunde, also ca. 150 km über Nacht nachladen.

Am oberen Ende der Preisskala liegen Schnellladesäulen für > 100.000 €, mit denen auch größere Akkus mit 100 – 250 kW Leistung in ca. 20 Minuten auf 80 % geladen werden können – gerade Zeit genug für einen Kaffee an einem Autobahn-Rastplatz wo diese Ladestationen zweckmäßigerweise auch meist zu finden sind. Dazwischen liegen die „normalen“ Ladesäulen wie sie an öffentlichen oder privaten Standorten meist zu finden sind, und mit denen Ladevorgänge bei 11 – 22 kW Leistung typ. einige Stunden dauern. Deren Kosten liegen bei ca. 700 € für häusliche Stationen bis einige 1.000 € für öffentliche Ladepunkte mit Bezahl- und Fernwartungsmöglichkeit sowie entsprechender Vandalensicherheit.

Sinnvolle Ladekonzepte für unterschiedliche Zielgruppe

Transit-Verkehr

Fernreisende, die in Sulzbach-Rosenberg kurz für eine Kaffeepause Rast machen dürften die absolute Ausnahme sein und bleiben, öffentliche Schnellladesäulen für diese Zielgruppe entsprechend verzichtbar.

Wer zu uns nach Sulzbach-Rosenberg kommt um Essen zu gehen oder einen Geschäftstermin wahrzunehmen kann in 1 – 2 Stunden an einer normalen Ladesäule auch für eine 100 km weite Rückreise genug kWh nachladen.

Auch für Hotelgäste reichen 5 – 10 kW Ladeleistung vollkommen aus, um über Nacht auch größere Akkus vollzuladen, entsprechend sind hierfür normale Ladestationen mehr als ausreichend dimensioniert.

Anwohner

Wer als in Sulzbach-Rosenberg ansässiger Besitzer eines E-Autos die Möglichkeit hat, sein Auto auf seinem Privatgrund zu parken, wird sich dort eine eigene Ladesäule zulegen und kann im Stadtgebiet auf öffentliche Ladestationen verzichten.

Für Anwohner ohne diese Option gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder eine Lademöglichkeit beim Arbeitgeber welche nur über Initiative des Arbeitgebers umgesetzt werden kann – oder dort, wo das Auto außerhalb der Arbeitszeiten die meiste Zeit steht, also an Anwohner-Parkplätzen. Aufgrund der dort typischerweise langen Standzeiten von ca. 10 – 12 Stunden / Tag würde hier eine Ladeleistung von wenigen kW auch für einen täglichen Pendler nach Nürnberg ausreichen. Eine „normale“ Ladesäule mit 11 – 22 kW  wäre für den täglichen Energiebedarf also deutlich überdimensioniert, aber zumindest gelegentlich hilfreich um in wenigen Stunden für eine längere Fahrt nachzuladen.

Vorschläge für Ladekonzepte zur optimalen Förderung der E-Mobilität

Arbeitgeber- und Kundenparkplätze

Da PKW tagsüber meist beim Arbeitgeber geparkt sind kann eine dortige Lademöglichkeit auch ein guter Beitrag zur Energiewende sein: Die meist großen Dachflächen von Unternehmen bieten sich für größere Photovoltaik-Anlagen an bzw. sind ohnehin meist bereits mit einer solchen bestückt. Der darüber erzeugte Strom kann so vor Ort zum Zeitpunkt der Erzeugung für das Laden von E-Autos genutzt werden und gleichzeitig das regionale Stromnetz entlasten.

Selbiges gilt für die Parkplätze von z. B. Einkaufszentren oder Hotels, wo z. B. kostenlose Lademöglichkeiten eine Bewerbung von Kunden darstellen.

Beide Optionen befinden sich jedoch außerhalb des Verantwortungsbereiches der Stadt und seien hier nur der Vollständigkeit halber genannt.

Öffentliche Ladestationen

Wer weder zu Hause noch beim Arbeitgeber ein Elektroauto laden kann, ist dafür auf öffentliche Ladestationen im Stadtgebiet angewiesen, bei üblichem Fahrverhalten mit typ. mehreren Stunde Ladezeit 1 – 2 Mal pro Woche. Auf Dauer wäre eine solche Lösung für die meisten Leute jedoch so unkomfortabel dass ein Elektroauto keine Option darstellt.

Kurzzeitbesucher nutzen öffentliche Ladestationen nur dann, wenn sie sich in unmittelbarer Nähe zum Ziel befinden, weswegen z. B. die Ladestationen auf dem Parkplatz an der Bayreuther Straße vermutlich eher selten in Benutzung und für den Betreiber unwirtschaftlich sind.

Die geringe Auslastung der existierenden Ladestationen im Stadtgebiet spiegelt diese Situation wider und zeigt wie klein die potenzielle Zielgruppe hierfür ist. Empfehlenswert ist deren Ausbau dort, wo PKW regelmäßig für einige Stunden geparkt sind: Bahnhof, Tiefgarage, Krankenhaus, Schulen sowie Freizeiteinrichtungen wie Waldbad oder Sporthallen.

Ladestationen an Anwohner-Parkplätzen

Ein Großteil der Innenstadtbewohner von Sulzbach-Rosenberg muss seinen PKW im öffentlichen Raum parken, hat also keine Möglichkeit der Installation einer Lademöglichkeit auf eigene Rechnung und eigenem Grund. Hier besteht das größte Potenzial, über die Schaffung von Ladestationen die Elektromobilität der Anwohner zu fördern. Durch die typischerweise lange tägliche Standzeit der PKW auf Anwohner-Parkplätzen genügen geringe Ladeleistungen, wodurch mit gegebenem Budget eine relativ große Anzahl an Ladepunkten geschaffen werden kann. Hierfür bieten sich v. a. zwei Bereiche an:

In der Tiefgarage wäre zu prüfen, ob die vorhandenen elektrischen Installationen für zumindest jeden zweiten Anwohner- bzw. Dauerparkplatz eine Lademöglichkeit erlauben, wofür sogar sehr günstige einphasige Lademöglichkeiten genügen würden – ergänzt durch einige Ladestationen mit höherer (11 – 22 kW) Leistung. An einer Straße gelegene Anwohner-Parkplätze können mit einem innovativen Konzept ebenfalls preiswert mit Lademöglichkeiten versehen werden: In einigen Städten wie Dortmund ist bereits die Möglichkeit realisiert, an Straßenlaternen laden zu können. Da diese ohnehin bereits elektrisch versorgt sind wäre der zusätzliche Installationsaufwand überschaubar, die dort abgreifbare elektrische Leistung vollkommen ausreichend um über Nacht 100 – 150 km nachzuladen.

Christian Koch, 25. November 2021