Die AG SOZIALES hat sich aus aktuellem Anlass mit dem Thema „bezahlbarer Wohnraum“ beschäftigt

Durch die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf den Alltag der Menschen wird noch stärker bewusst, wie wichtig dieses Thema ist. Infolge von Kurzarbeit oder sogar dem Arbeitsplatzverlust leiden zunehmend auch in Sulzbach-Rosenberg BürgerInnen unter Geldnöten, die dazu führen, dass die monatlichen Ausgaben für den Lebensunterhalt zum Problem werden, wie Elke Wolfsteiner berichtet, die diese Nöte als Sozialpädagogin in der KASA-Beratungsstelle der Diakonie in Sulzbach-Rosenberg beruflich hautnah miterlebt und Lösungen dafür finden muss.

Der veränderte Arbeitsmarkt

Ein weiterer Aspekt ist der Arbeitsmarkt an sich. Seit den 1990er Jahren ist Deutschlands Niedriglohnsektor um gut 60 Prozent gewachsen. In keinem anderen europäischen Land mit vergleichbarer Wirtschaftsleistung nimmt der Niedriglohnsektor ein solches Ausmaß an. Die Folge sind aktuell geringe Einkommen und in der Zukunft kleine Renten, was auch bei uns in Sulzbach-Rosenberg einen steigenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum nach sich ziehen wird. Zudem ist unsere Gesellschaft im demographischen Wandel. Die zukünftige Bevölkerung wird deutlich älter sein.

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2020/juli/niedriglohnsektor-sackgasse-statt-sprungbrett

Wohnraumförderung ist eine der Säulen des Sozialstaates

Die Wohnungsfrage ist eine zentrale soziale Frage unserer Zeit. Die Homepage des Bundesinnenministeriums informiert über die soziale Wohnraumförderung des Staates. In der gemeinsamen Wohnraumoffensive von Bund, Ländern und Kommunen (Wohngipfel 2018) bildet die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum einen zentralen Schwerpunkt des umfassenden Maßnahmenpakets. Die soziale Wohnraumförderung ist eine wichtige Säule der sozialstaatlichen Verantwortung, d.h. der Unterstützung von Haushalten, die sich am Markt nicht aus eigener Kraft angemessen mit Wohnraum versorgen können. Das betrifft etwa kinderreiche Haushalte, Alleinerziehende und Menschen mit Behinderung. Für sie ist es schwer, eine ihren Bedürfnissen angemessene und bezahlbare Wohnung zu finden. Auch ältere Menschen mit kleiner Rente, die durch körperliche Einschränkungen nicht mehr in ihren Wohnungen bleiben können, haben Probleme, eine günstige barrierefreie Wohnung zu finden.

https://www.bmi.bund.de/DE/themen/bauen-wohnen/stadt-wohnen/wohnraumfoerderung/soziale-wohnraumfoerderung/soziale-wohnraumfoerderung-node.html

Bezahlbarer Wohnraum auch durch private Anbieter

Nun kann man anführen, dass ja glücklicherweise auch von privater Seite Sozialwohnungen angeboten werden. Es ist aber zu bedenken, dass bei privaten Anbietern die Sozialbindung – also die Festschreibung der Miethöhe – 25 Jahre gilt und danach erhöht werden kann, wenn alle steuerlichen Vergünstigungen durch die Investoren ausgeschöpft wurden. Sozialwohnungen sollten allerdings keine Spekulationsobjekte sein. Damit bezahlbare Wohnungen längerfristig erhalten bleiben, kann die Sozialbindung von 25 auf 40 Jahre verlängert werden, wie im Bayerischen Wohnungsbauprogramm nachzulesen ist. Aber dadurch wird wahrscheinlich das Angebot wohl eher kleiner, weil private Investoren sich nicht darauf einlassen und sich andere Investitionsmöglichkeiten suchen werden. Die Stadt Sulzbach-Rosenberg hat also, wie alle anderen Städte auch, eine staatliche Verantwortung im Bereich der sozialen Wohnraumförderung. Sie sollte hier in die Pflicht genommen werden und für ihre BürgerInnen ausreichend bezahlbare Wohnungen schaffen bzw. erhalten.

https://www.stmb.bayern.de/assets/stmi/wohnen/foerderung/31_uebersicht_der_wohnraumfoerderung.pdf

Soziale Brennpunkte vermeiden

Um soziale Brennpunkte zu vermeiden, dürfen keine „Wohnsilos“ mit Sozialwohnungen geschaffen werden, sondern bezahlbare Wohneinheiten müssen sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen. So kann man einer Ghettobildung und den daraus resultierenden negativen Folgen entgegenwirken.

Eine Möglichkeit zur Umsetzung dieser Idee wäre, dass bei der Ausweisung von Neubaugebieten, wie etwa in Kempfenhof oder Siebeneichen, der prozentuale Anteil von Sozialwohnungen festgeschrieben wird. In Regensburg beträgt diese Quote z.B. seit Juli 2019 40%.

https://www.regensburg.de/regensburg-507/nah-dran/gefoerdertes-wohnen-in-regensburg

Leerstände nutzen

Das Gleiche könnte auch für die Nutzung von Leerstand in bereits bestehenden Wohngebieten gelten. Bei Spaziergängen durch Sulzbach-Rosenberg fällt leider nicht nur der Leerstand von Ladengebäuden in unserer Innenstadt auf, sondern auch, dass Wohngebäude verwaist sind. Würde man versuchen, diese Wohngebäude „wiederzubeleben“, könnte man das gesellschaftliche Miteinander in Sulzbach-Rosenberg stärken. Das Verständnis füreinander könnte gefördert werden, wenn junge Familien und Senioren unter einem Dach oder in der Nachbarschaft leben und sich gegenseitig unterstützen könnten, z.B. durch die Einkaufshilfe für ältere Nachbarn oder die Kinder- und Hausaufgabenbetreung für junge Familien. Das ist gerade jetzt in Zeiten von Corona, wenn es zu Notbetreuung in Kitas und Home-Schooling kommt, ein nicht zu unterschätzender Aspekt.

Die Sozialwohnungen sollten außerdem über Balkone oder Grünflächen verfügen. Die gegenwärtige Pandemie zeigt leider nur zu gut, wie wichtig die Möglichkeit ist, nach draußen gehen zu können. Auch die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum, der problemlos mit Rollstuhl oder Rollator nutzbar ist, darf nicht außer Acht gelassen werden.

Die nötige Infrastruktur nicht vergessen

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Infrastruktur vor Ort. Die Wohngebiete brauchen eine gute Anbindung an den ÖPNV, damit der Weg in Kindergarten, Schule, zum Einkaufen oder zum Arzt für Menschen ohne Auto problemlos möglich ist. Noch besser wäre es natürlich, wenn es fußläufige Einkaufsmöglichkeiten gäbe, aber durch den allgemeinen Trend zu großen Einkaufsmärkten wird das leider immer schwieriger. In den wenigsten Stadtteilen Sulzbach-Rosenbergs gibt es noch Bäcker, Metzger oder Lebensmittelgeschäfte.

All das sollte von den Verantwortlichen der Stadt berücksichtigt werden, wenn das nächste Baugebiet ausgewiesen wird oder es um das Leerstandsmanagement geht, damit das Wohnen in Sulzbach-Rosenberg für alle BürgerInnen angenehm und bezahlbar wird.